Belegschaft vs. Geschäftsführer (forward-s13939198@wer-weiss-was.de)
Frage:
Seit 18 Jahren arbeite ich in einem Unternehmen mit 22
Mitarbeitern (19 davon Frauen), unter denen seit jeher ein angenehmes
und kameradschaftliches Arbeitsklima herrschte. Der langjährige
Betriebsleiter ging vor knapp 2 Jahren in den Ruhestand, sein
Nachfolger wurde zunächst von allen wohlwollend aufgenommen. Wir
machten jedoch bereits nach kurzer Zeit die Erfahrung, dass er zwar
durchaus technisches Fachwissen besitzt, aber in Sachen
Betriebsorganisation ein völliger Chaot ist, dessen undurchdachte und
verwirrende Anweisungen und Neuerungen den Betriebsablauf ziemlich
durcheinander bringen. Er unterstellt uns, dass wir aus reiner
Bequemlichkeit an unseren althergebrachten Arbeitsschemata hängen
bleiben wollen, tituliert uns als unfähig, neue Arbeitsweisen zu
akzeptieren und dies in einem so erniedrigenden und aggressiven
Tenor, dass sich die meisten von uns bereits wie die dümmsten Deppen
aus Hintertupfing fühlen. Wir sind durchaus willens und in der Lage,
Neustrukturierungen des Betriebsablaufs aufzunehmen, wenn sie denn
tatsächlich rationeller und praktischer sind als unsere bisherigen.
In 8 von 10 Fällen bringen die Neuerungen jedoch bestenfalls für den
Betriebsleiter eine Arbeitserleichterung, für die Belegschaft
hingegen einen immensen Mehraufwand, sehr viel Unklarheiten und damit
auch Fehlabläufe im Betrieb. Dies will der B.leiter jedoch nicht
einsehen, schiebt alle Missverständnisse auf die Unfähigkeit der
Mitarbeiter und unterstellt uns mangelnde Motivation (und noch
einiges andere mehr) die uns lediglich seiner unmöglichen Art wegen
abhanden gekommen ist, was er aber natürlich keineswegs einsehen
will. Klärende Gespräche sind mit ihm nicht möglich, da er sich
sofort persönlich angegriffen fühlt und an die Decke geht und
beleidigend wird, für sachliche Argumentationen ist er absolut
zugänglich.
Auf Grund von Umstrukturierungen ist der Betriebsleiter vor wenigen
Monaten nun auch noch zum Geschäftsführer und damit zur obersten
Instanz des Betriebes avanciert. Wir haben nun keinerlei Anlaufstelle
mehr, an die wir uns wegen der zunehmenden Probleme wenden können,
der Betriebsinhaber, der nicht vor Ort ist, möchte mit diesen
Problemen nicht behelligt werden. Einige von uns sind bereits auf der
Suche nach einer anderen Stelle, andere beklagen sich über (vorerst
nur leichte) Gesundheitsstörungen wegen des "Mobbings" durch den
Chef.
Unser Betriebsrat (1 Herr als Vorsitzender + 2 Frauen), der nicht
gewerkschaftlich organisiert ist, liefert sich alle paar Tage
Kämpfe mit dem GF, die zu keinem Ergebnis führen, sondern die
Situation nur immer mehr verschärfen. Der GF will nun sogar
versuchen, dem Betriebsratsvorsitzenden wegen Vertrauensbruchs zu
kündigen und meinte: Wer hier mitziehen will, muss mit mir
zusammenarbeiten, wem das nicht gefällt, der kann gleich seine Sachen
packen und gehen. Ein herrliches Arbeitsklima! Wegen ehemals sehr
schlechter Erfahrungen möchte die Belegschaft sich nicht gern an die
Gewerkschaft wenden.
Ich versuche daher einmal auf diesem Wege über Sie als
Mobbing-Experten vielleicht ein paar Tipps zu erhalten, wie wir mit
dieser schon reichlich verfahrenen Situation umgehen sollen. Wie
setzt man sich gegen einen Macho als obersten Chef zur Wehr, wenn der
mobbt und man keinen Ansprechpartner hat, der über ihm steht und
ihn zurechtweisen könnte?
Antwort:
Nachfolger von lang gedienten Vorgesetzten haben es i.d.R. immer schwer, Umstrukturierungen
in bislang gewohnte Betriebsabläufe durchzubringen.
Im Zuge der rasanten Technologieentwicklung und den wechselnden Anforderungen des Marktes
ist es in der heutigen Zeit sehr schwer, sich immer wieder zu behaupten.
Dies stellt eine enorme Herausforderung auf allen Hierarchieebenen dar.
Nicht mehr der Stressabbau steht im Vordergrund, sondern die Stärkung der individuellen
Belastbarkeit aller Beschäftigen, um auf eigene Ressourcen zurückgreifen zu
können. In dem Masse wie dies gemeinsam gelingt, wird die Zukunft des Betriebes
mitbestimmen.
Auf beiden Seiten sind Verletzungen passiert. Es mag durchaus zutreffen, dass durch ein
"zuviel" an sofortigen Protesten ein Feedback provoziert, dass auch anders hätte
aussehen können.
Vielleicht ist es eher angebracht, Arbeitsaufträge, auch wenn Sie auf den ersten Blick
möglicherweise provokant erscheinen, in der zugewiesenen Art und Weise auszuführen.
Controlling-Massnahmen könnten anschliessend das für und wider transparenter
kristallisieren.
Betriebsratsmitgliedern ist besonders zu empfehlen auf das Know-how der Gewerkschaften
wie z.B. Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten, Informationsveranstaltungen der AG-Mobbing
zurüzugreifen. Auch der Kontakt zu anderen Betriebsräten hilft u.U. auch das eigene
Meinungsbild perspektivisch abzurunden.
Um die festgefahrenen Fronten in Ihrem Betrieb aufzulockern, wäre durchaus eine paradoxe
Vorgbehensweise (Aktiv-Event, Ausflug, o.ä.), also ein Üben an soziales Miteinander
angezeigt und erfolgversprechend.
Eine Investition, die sich auf jeden Fall auszahlt und zwar in Arbeitsplätze!
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