Mobbing nach langer Abwesenheit (forward-s17048928@wer-weiss-was.de)
Frage:
Vor gut einem Jahr hatte ich einen schweren Skiunfall und fiel länger
im Betrieb aus. Seitdem wird Mobbing betrieben - Dinge werden mir
unterstellt (z.B. Frühstücken während der Arbeitszeit), ein Kollege
empfahl dem Chef mich als Assistent der Geschäftsleitung abzusetzen
(er hat sich dadurch als Technischer Ass. GL positioniert, eine
40%ige Gehaltserhöhung bekommen und spekuliert wohl auf die Nachfolge
des Geschäftsführers), usw.... Fehler von meiner Seite sind: wollte
einen Autounfall (Fahrt mit Privat-Pkw zu Seminar) über die Firma
abrechnen, nutze - den allerdings ganz offiziellen - Gleitzeitrahmen
nachmittags aus, da ich meinen sportlichen Aktivitäten nachgehen
möchte. Die Arbeit leidet darunter aber keineswegs.
Ich dachte, ich bilde mir vieles ein. Aber einem neuen Mitarbeiter
(Vertriebsleiter) wurde nach nur drei Wochen nachgesagt, er sei
Alkoholiker.
Problem ist, dass es sich um einen Familienbetrieb handelt. Chef =
Mitinhaber, daneben gibt es seine Frau als Bürokraft (mit der ich
leider zusammenarbeiten muss und deren Arbeitsquantität und -qualität
jeder Beschreibung spottet) - die ihrem Mann natürlich alles zuträgt
und wegen der mindestens 1 - 2 Mitarbeiter schon gegangen sind.
Seit Monaten sinkt meine Freude an der Arbeit, seit kurzem habe ich
auch körperliche Folgen (riesige Furunkel, die Narben hinterlassen).
Ich bin etwas ratlos, was zu tun ist - als einzige Chance sehe ich
die Kündigung (und damit aber den Weg in die Arbeitslosigkeit, den
der STellenmarkt ist ja zur Zeit nicht so rosig).
Was ist zu raten? Danke für die Hilfe + Tips,
Antwort:
Zur Situation einer längeren Abwesenheit: Auf ein Unternehmen mit einer dünnen Personaldecke kommen bei Abwesenheit
eines bewährten Mitarbeiters mit Leitungsfunktion erhebliche Schwierigkeiten zu. Eine längere Abwesenheit verursacht
Nachteile auch für die übrigen mitarbeiter. Für die KollegInnen bedeutet dies Mehrarbeit im Betrieb, die Geschäftsleitung
muss die vakante Leitungsfunktion neu überdenken.
Mit in die Bewertung fliesst ein, dass zwischen Arbeits- und Freizeitunfall unterschieden wird. Erschwerend kommt hinzu,
wenn der Ausfall durch einen Unfall in der Freizeit bedingt ist.
Menschen bedienen sich unterschiedlicher Mittel und Methoden, um sich vermeintliche Vorteile zu verschaffen.
Im Gerangel um eine vakante Position kann eine Strategie sein, sich auf Kosten anderer, zu deren Lasten durchzusetzen.
Dies scheint auch in Ihrem Betrieb geschehen sein.
Wenn die Ehefrau des Firmeninhabers zugleich auch Mitarbeiterin ist, wird sie ihrem Ehemann im Betrieb zuarbeiten, so gut
wie sie es zu tun glaubt und entsprechendes zutragen. Auch wenn die Unterstützung nicht immer optimal zu scheinen mag,
ist es ratsam, sich mit dieser Doppelfunktionsträgerin besser zu arrangieren.
Die Firmenleitung ist angehalten, Mobbing auf Kollegenebene zu unterbinden.
In einer Grundsatzentscheidung in Sachen Mobbing mit Präzedenzcharakter im Arbeitsgerichtsverfahren wurde wie folgt
festgestellt:
Zermürbung mit dem Ziel, einen Beschäftigten aus dem Betrieb zu drängen, als Verletzung des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts gewertet und der Arbeitgeber verpflichtet, Angestellte vor "Belästigungen durch Mitarbeiter oder
Dritte" zu schützen.
Der "systematische Psychoterror" habe nicht nur die Menschenwürde verletzt, sondern "in einer die Grenze zur strafbaren
Körperverletzung berührenden Weise auch seine seelische und körperliche Gesundheit".
Die Urteilsbegründung der 5. Kammer des Thüringer Landesarbeitsgerichts zum Thema "Mobbing" unter dem
Aktenzeichen 5 Sa 403/2000 in der Entscheidung vom 10.04.2001 ist hier abrufbar:
Http://landesarbeitsgericht.thueringen.de/urteile/U5_40300.htm.
Darüberhinaus empfiehlt sich eine Vorgehensweise, was Stellenwechsel und Gesundung anbetrifft, wie im Beitrag:
Mein Arbeitsplatz ist besetzt worden!
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