Antenne Brandenburg Ratgebersendung am 12.01.1998: Mobbing

1. Runde: Wissenswertes kurz und bündig über Mobbing

Frage: Was ist allgemein darunter zu verstehen? 
Antwort: Als erster Wissenschaftler untersuchte Prof. Leymann dieses Phänomen in der Arbeitswelt. Er definierte Mobbing allgemein als einen Prozeß konfliktbelasteter Kommunikation am Arbeitsplatz. Nach Zapf spricht man dann von Mobbing am Arbeitsplatz, wenn jemand schikaniert, bedrängt oder ausgegrenzt wird.

Frage: Ist vor Mobbing niemand sicher? 
Antwort: Anders als bei sexuellen Belästigungen, hier sind ausschließlich Frauen betroffen, werden Männer genauso unter Druck gesetzt. Mobbing findet zwischen Kollegen als auch zwischen Vorgesetzten und Untergebenen statt, wobei die angegriffene Person unterlegen ist.

Frage: Über welchen Zeitraum erstreckt sich Mobbing? 
Antwort: Mobbing erstreckt sich mindestens 1x pro Woche über die Dauer von wenigstems einem 1/2 Jahr.

Frage: Warum wird gemobbt? Gibt es Ziele? Tun Mobber das bewußt? 
Antwort: Mobber greifen eine Person systematisch mit dem Ziel an, sie auszugrenzen. Ängste und Unsicherheiten auf Seiten der Mobber spielen mit eine Rolle. Als Gründe für den Entstehung von Mobbing werden überwiegend ungelöste Konflikte am Arbeitsplatz, die Suche nach dem Sündenbock angeführt. Auch können sich Mängel in der Personalführung (durchaus Unwissenheit) ihrerseits wie Katalysatoren auf die Entwicklung von Mobbing auswirken.

Frage: Wie wirkt sich Mobbing auf die Opfer aus? 
Antwort: Ist man Mobbing, ein Streß im Sinne von Distreß (der krankmachende Streß, im Gegensatz zum ungefährlichen Eustreß) immer wieder und wieder am Arbeitsplatz ausgesetzt, ist die Rückkehr zur vegetativen Normallage wegen mangelnder ausreichender Erholungsphasen nicht mehr möglich. Psychosomatische Beschwerden stehen aufgrund Dauerstreß im Vordergrund. Die Betroffenen fürchten, daß sie allein von Mobbing betroffen seien. Sie werden von Selbstzweifeln geplagt, verlieren ihr Selbstvertrauen und fragen sich, was sie falsch gemacht hätten.

Frage: Erkennen die Betroffenen das sofort? 
Antwort: Die betroffenen Personen erkennen sehr häufig den Anfang von Mobbing nicht und haben keine Erklärung, weshalb sie von Kollegen und Vorgesetzten so feindselig behandelt werden. Die ausgelösten körperlichen Beschwerden werden oft nicht sofort mit dem Konflikt am Arbeitsplatz in Zusammenhang gebracht.
Wer bei sich psychische oder körperliche Beschwerden feststellt, sollte sich selbstkritisch fragen, welche Art Probleme von Überlastung und Distreß (Beruf, Familie oder Freizeit) dafür ursächlich sein könnte. Diese Kenntnis ist für die Mobbing-Bewältigung sehr nützlich.

Frage: Hat der Betroffene überhaupt eine Chance, den Mobbingprozeß zu beenden? 
Antwort: Verfestigt sich Mobbing über den auslösenden Konflikt hinaus, hat der Betroffene kaum Chancen diesen Prozeß aus eigener Kraft zu beenden. Demzufolge sollten körperliche Beschwerden bei anhaltenden Spannungen am Arbeitsplatz sehr ernstgenommen werden. Die Unterstützung Dritter ist zu suchen und zu sichern.

2. Runde: Neuer Begriff für alte Tatsache?

Frage: Wenn der Chef mobbt - das gibt es sicher auch: ist man da hilflos ausgeliefert? 
Antwort: Hier ist zu unterscheiden, ob Mobbing vielleicht nur aus Unkenntnis erfolgt. Wenn dem so ist, kann man mit Hinweis auf den vereinbarten Dienstvertrag auf die eigenen Arbeitsrechte verweisen. Wird gemobbt, um z.B. eine Rationalisierung durch erhöhten Konkurrenzdruck durchzusetzen, ist die eigene Position schwächer.

Frage: Wie kann man Mobbing überhaupt beweisen, es geschieht doch immer hinter dem Rücken? 
Antwort: Stellt man Unstimmigkeiten fest, hilft es zunächst andere Team-Kollegen darauf anzusprechen. Unbedingt anzuraten ist das Niederschreiben der erlebten Mobbing-Attacken von Anfang an. Diese Dokumentation dient gleichzeitig als Nachweis für erlebte Mobbing-Attacken und erlittene gesundheitliche Folgen und verhilft, die Ungerechtigkeiten auch für Dritte (an geeigneter Stelle!) transparent zu gestalten.

Frage: Welche gesundheitlichen Folgen können durch Mobbing entstehen? 
Antwort: Bei ppsychischen Störungen kann es sich u.a. um Konzentrationsprobleme, Antriebslosigkeit, Weinkrämpfe, gereizte, aggressive Stimmungen handeln. Bei physischen Störungen sind u.a. Kopfschmerzen, Magenschmerzen, Druck auf Brust, Verdauungsprobleme, Herz-Kreislaufprobleme, Ein- und Durchschlafstörungen zu nennen.

Frage: Läßt sich der Zusammenhang wirklich nachweisen, oder könnte die Ursache von den Mobbern wiederum als Fehlleistung oder Unvollkommenheit des Betroffenen ausgelegt werden? 
Antwort: Der Arzt wird bei der Wahl der geeigneten Therapiemethode Zusammenhänge zwischen Mobbing und gesundheitliche Beschwerden herleiten und nicht ausschließlich eine organische Ursache eruieren.

Frage: Sollte man selber die Konsequenzen ziehen und den Arbeitsplatz wechseln? 
Antwort: Bei Problemen den Arbeitsplatz zu wechseln, ist heutzutage nicht ohne weiteres möglich. Dies kann und sollte nur der allerletzte Schritt sein. Die Hörer werden sich sicher fragen, was kann überhaupt getan werden, wenn man gemobbt wird?

3. Runde: Hilfe zur Selbsthilfe

Frage: Mit jedem gleich „Gut-Freund" sein - ist da Mobbing ausgeschlossen?  
Antwort: Nein, die „Fahne nur nach dem Wind" zu richten, schließt Mobbing nicht aus.

Frage: Sich immer nur zurückziehen, nichts Persönliches von sich zeigen - hilft das?  
Antwort: Nein, sich immer nur zurückzuziehen, sich selbst auszuschließen, hiervon ist abzuraten. Ein gutes Verhältnis zu den Kollegen aufrechtzuerhalten, ist gefordert.

Frage: Muß man sich selbst ändern im Charakter, wenn man Mobbing entgehen will? 
Antwort: Nein, gut ist sein Verhalten und Verhaltensgewohnheiten an das jeweilige Arbeitsteam anpassen zu können. Auch keine sog. Opfer-Signale zeigen, d.h. Zeichen von besonderer Angst, Unsicherheit und selbst kein ungewöhnliches Verhalten (z.B. Arroganz, unpassendes Outfit) zeigen.

Frage: Wie kann man aber aktiv gegen Mobbing vorgehen? 
Antwort:  Von Bedeutung ist, wie mit Konflikten im Betrieb generell umgegangen wird.
Die besten Maßnahmen gegen Mobbing sind ein selbstsicheres Verhalten und Konfliktfähigkeit. Man kann sich vorbeugend gegen Mobbing schützen, z.B. indem man die Arbeitsstelle so auswählt, daß man sich vor der Einstellung über das Team erkundigt. Vpraussetzung ist auch, die fachliche und soziale Kompetenz für die Stelle zu erfüllen. Wenn trotz allem Konflikte bereits in Mobbing übergangen sind, suchen Sie sich eine Lobby. Setzen Sie sich mit dem Mobber kämpferisch auseinander, z.B. zur Rede stellen, beim Vorgesetzten beschweren (gut vorbereiten), die Mobbing-Thematik im Betrieb (formell und informell) öffentlich machen.

Frage: Gibt es offizielle Hilfsangebote bei Mobbing? 
Antwort: Die Gewerkschaften engagieren sich bereits. Oder Betroffene können sich auch an einen in Arbeitsrecht spezialisierten Juristen wenden.

Frage: Durch die Medien geht, daß Klatsch und Tratsch zum Betriebsklima gehören: 
Antwort: Klatsch und Tratsch zu Lasten anderer verbessert nicht das Arbeitsklima. Ein partnerschaftliches Verhalten am Arbeitsplatz bildet die Basis für ein positives innerbetriebliches Arbeitsklima. Dies ist bereits von Unternehmerseite erkannt worden: Ein Anfang sind Betriebsvereinbarungen zur Mobbing-Abwehr.

Frage: Was empfehlen Sie für Interessierte? 
Antwort: 1. Literaturempfehlung:  Als Einstieg ist das bekannte Rowohlt-Taschenbuch von Prof. Leymann zu nennen: Mobbing: Psychoterror am Arbeitsplatz und wie man sich dagegen wehren kann.
2. Kurse zur Mobbing-Thematik:  Erkundigen Sie sich bitte nach Kursangeboten (Information / Selbsterfahrung) bei den bekannten Bildungsträgern wie z.B. Volkshochschulen.

Antworten von: Dipl.Psych. Lindemann
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